50 Millionen Menschen in den USA ohne Strom!

(Autor: Dipl.-Ing. Thomas H. Lehner)

Ist dieses Szenario in Österreich denkbar?
Jedes technische System, so auch die Stromversorgung, kann versagen. Jeden Tag treten österreichweit Störungen an elektrischen Versorgungseinrichtungen auf. Meistens handelt es sich um Grabungsarbeiten, bei denen ein Kabel beschädigt wird oder um Gewitter. Ausgeklügelte Schutzeinrichtungen können den Fehler innerhalb küzester Zeit erkennen und freischalten. Alle, nicht unmittelbar vom fehlerhaften Netzsegment versorgte Stromkunden, bemerken von diesen Vorgängen meist überhaupt nichts.

Je stärker allerdings die betroffene Leitung oder der Transfomator ist, desto mehr Gebiete sind dann - je nach Schwere des Fehlers - für wenige Sekunden bis zu einigen Stunden, nicht mehr versorgt. An speziellen Tagen mit großer Netzbelastung, wie beispielsweise an kalten Wintertagen, kann der Ausfall eines großen Kraftwerksblockes oder einer Hochspannungsleitung zu einer Überlastung der untergeordneten Leitungen, führen. Diese sekundären Leitungen werden dann aus Sicherheitsgründen ebenfalls vom Netz getrennt. Je nach Ausmaß der Störung kann es notwendig werden auch ganze Regionen abzuschalten um die verbleibenden Netzteile zu retten. Dieser Effekt bewirkt eine großflächige Stromabschaltung.

Wie kann man sich dagegen schützen? Um die richtigen Vorkehrungen zu treffen, müssen die elektrischen Verbraucher entsprechend ihrer Empfindlichkeit, in drei Klassen eingeteilt werden. Zu den empfindlichsten Geräten zählen unteranderem alle Computer und Telekommunikationsanlagen sowie Geräte in der Intensivmedizin und der Flugsicherung, Für diese Verbraucher ist eine Unterbrechung der elektrischen Energieversorgung überhaupt nicht zulässig, weshalb entsprechende Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der elektrischen Versorgung ergriffen werden müssen.

Zur zweiten Klasse zählen jene Verbraucher, die tolerant gegenüber einer Unterbrechung von einigen Sekunden sind. In diese Klasse fallen beispielsweise bestimmte Notbeleuchtungen in Versammlungsstätten. Auch in dieser Klasse muss, unabhängig vom Energieversorungsunternehmen, für ausreichende elektrische Energie gesorgt sein.

Zur dritten Kategorie von Verbrauchern zählen jene Systeme, welche tolerant gegenüber einem Versorgungsausfall von mehreren Minuten oder gar Stunden, sind. In diese Kategorie fallen z. B. alle Arten von Kühl- und Gefriergeräten.

In der ersten Kategorie können für das menschliche Auge kaum wahrnehmbare Störungen im elektrischen Netz bereits zu erheblichen Schäden im Bereich von hochtechnisierten IT-Systemen in Behörden, Banken aber auch in Klein- und Mittelbetrieben führen. Die Auswahl der elektrotechnischen Maßnahmen zur Abwehr von Schäden muss daher in einem Verhältnis von möglichen Schäden zu den Kosten seiner Verhinderung, stehen. Ziviltechniker der Fachgruppe Informationstechnologie können auf eben diese Fragestellungen umfassende Lösungswege erarbeiten. Die Ziviltechniker verstehen sich dabei als von Energieversorgungsunternehmen unabhängige Experten, welche den verantwortungsbewussten Betreiber eines sensiblen Stromverbrauchers als technische Dolmetscher und Problemlöser zur Seite stehen.

Nicht nur der Stromkunde ist gefordert, sondern auch die Politik und die Energieversorgungsunternehmen. Das überregionale Höchstspannungsnetz muss zur Erhöhung der Versorgungssicherheit in Österreich noch weiter ausgebaut werden, und die vorbeugende Instandhaltung der Komponenten des Stromverteilnetzes muss auf jenem Niveau bleiben, welches die Voraussetzung Österreichs zur Entwicklung als Wirtschaftsstandort war und ist.

Besonderes Augenmerk muss weiters auf den liberalisierten Erzeugermarkt gelegt werden. Der Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass entsprechend dem aktuellen Strombedarf, Kraftwerksleistungen in ausreichender Menge auch in Zukunft zur Verfügung stehen werden. Im liberalisierten Markt bestimmen nämlich ausschließlich Angebot und Nachfrage das Preisniveau. Somit kann mit Stilllegung von Kraftwerken der Strompreis und damit die Gewinne, künstlich hochgeschraubt werden. Dies ist allerdings nur bis zu jenem Punkt möglich, wo die zur Verfügung stehende Erzeugungsleistung den Bedarf gerade noch decken kann. Steigt der Bedarf dann weiter an, oder fällt ein Kraftwerk aus, so würde dies unweigerlich Stromabschaltungen nach sich ziehen.

In Kenntnis der aufwendigen und jahrelang dauernden, Umweltverträglichkeitsprüfungen für neue Kraftwerksanlagen, ist es leicht, vorherzusagen, dass sich eine solche Situation kurzfristig nicht verbessern lässt.

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